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Augustinus von Hippo

*354 †430

Hermeneutische Bibelauslegungsregel

Augustinus forderte eine allegorische Schriftdeutung: Wenn (vermeintliche?) Erkenntnis der Naturwissenschaften mit einer Aussage der Bibel im Konflikt stehen, hat die Wissenschaft recht und die Bibel gibt lediglich die Meinung und Redeweise des Volkes wieder.
Diese Regel wurde auch Akkomodation, Angleichung oder Anbequemung genannt. Damit wird ausgedrückt, dass die biblischen Texte nicht nur in der Sprache des (unwissenden) Volkes geschrieben sind, sondern (sogar) dass sich der Autor der Texte (also Gott selbst, 2. Tim 3:16) sich dem Unwissen des Volkes angepasst hat. Dies impliziert, dass Gott, obwohl er die Wahrheit kennt, diese nicht formuliert und es ihm auch nicht wichtig ist, die Wahrheit zu formulieren!
Oft genug kommt es vor, daß auch ein Nichtchrist ein ganz sicheres Wissen durch Vernunft und Erfahrung erworben hat, mit dem er etwas über die Erde und den Himmel, über Lauf und Umlauf, Größe und Abstand der Gestirne, über bestimmte Sonnen- und Mondfinsternisse, über die Umläufe der Jahre und Zeiten, über die Naturen der Lebewesen, Sträucher, Steine und dergleichen zu sagen hat. Nichts ist nun peinlicher, gefährlicher und am schärfsten zu verwerfen, als wenn ein Christ mit Berufung auf die christlichen Schriften zu einem Ungläubigen über diese Dinge Behauptungen aufstellt, die falsch sind und, wie man sagt, den Himmel auf den Kopf stellen, so daß der andre kaum sein Lachen zurückhalten kann. Daß ein solcher Ignorant Spott erntet, ist nicht das Schlimmste, sondern daß von Draußenstehenden geglaubt wird, unsere Autoren hätten so etwas gedacht. Gerade sie, um deren Heil wir uns mühen, tragen den größten Schaden, wenn sie unsere Gottesmänner daraufhin als Ungelehrte verachten und zurückweisen. Denn wenn sie einen von uns Christen auf einem Gebiet, das sie genau kennen, bei einem Irrtum ertappen und merken, wie er seinen Unsinn mit unseren Büchern belgen will, wie sollen sie dann jemals diesen Büchern die Auferstehung der Toten, die Hoffnung auf das ewige Leben und das Himmelreich glauben, da sie das für falsch halten müssen, was diese Bücher geschrieben haben über Dinge, die sie selbst erfahren haben und als unzweifelhaft erkennen konnten? Es ist unbeschreiblich, wie viel Verdruß und Kummer einsichtigen Brüdern durch solche unbesonnenen Eiferer bereitet wird, die von Leuten, die nicht durch die Autorität unserer Bücher gestützt werden in ihren verkehrten und falschen Ansichten verächtlich zurückgewiesen werden und dann beginnen, das zu verteidigen, was sie in ihrer leichtsinnigsten Verwegenheit offenkundig falsch gesagt haben. Und dann wagen sie es auch noch, um sich zu beweisen, unsere heiligen Bücher anzuführen oder aus dem Gedächntnis alles mögliche daraus vorzubringen, von dem sie meinen, es nützte ihnen als Bestätigung, und versehen doch weder, was sie sagen, noch die Dinge, die sie behaupten (1. Tim 1:7)
Über den Wortlaut der Genesis (De genesi ad litteram), 1. Buch, Kapitel 19
Diese Ansicht wurde im Allgemeinen von Theologen akzeptiert und offenbar auch von anderen »Kirchenvätern« geteilt und bestimmte in der Folge die Praxis der Schriftauslegung im Mittelalter.
Johannes Cassianus (ca. 360-435), ein Zeitgenosse von Augustinus, entwickelte daraus die Lehre vom vierfachen Schriftsinn, wie die Bibel ausgelegt werden muss:
Die philologische Präferenz des Humanismus brachte dann die wörtliche Auslegung in den Vordergrund (vgl.Luther: Sola Scriptura)
Diese Hermeneutische Bibelauslegungsregel wurde an der 4. Sitzung des Tridentinums bestätigt.
Vgl. Galileis Aussage zur Autorität der Heiligen Schrift.
1924 Antwortet Franz Pieper in Christliche Dogmatik, 1. Band in seinen Ausführungen über den 4. Schöpfungstag und die Irrtumslosigkeit der Bibel.

TODO

An einer anderen Stelle diskutiert Augustin, warum die Bibel von Firmament (womit die Vulgata das Hebräische Wort רָקִיעַ (Rakia) übersetzt) spricht, obwohl sich mit der (nach ptolemäischer Auffassung) täglichen Umdrehung um die Erde nicht verträgt.

See also

Georg Rheticus

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