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Christliche Dogmatik, Band 1

by: Franz Pieper

Geozentrik und Irrtumslosigkeit der Bibel

Vierter Tag:
Gott schuf Sonne, Mond und Sterne. Woraus (materia ex quo) die Sterne geschaffen wurden, wird nicht angegeben, wohl aber, wozu (finis cuius) und wem zugut (finis cui) sie vorhanden sind. Sie sollen Lichtspender und Zeitteiler für die Erde sein. 1. Mo 1:14-18 Die Schrift lehrt kein sogenanntes astronomisches „System“, wohl aber die folgenden Tatsachen: Die Erde ist früher als die Sonne, und auch das Licht ist früher als sie Sonne. Die Erde ist nicht für die Sonne, sondern die Sonne für die Erde geschaffen. Sonne, Mond und Sterne sind in ihrer Existenz und Tätigkeit von der Existenz der Erde abhängig. Wenn das Ende der Erde gekommen ist, weil sie ihren Zweck erfüllt hat, nämlich die Stätte der Verkündigung des Evangeliums von dem gekreuzigten Sünderheiland zu sein, dann verschwinden Sonne, Mond und Sterne samt der ganzen gegenwärtigen Welt. Mt 24:14: „Es wird geprediget werden das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zu einem Zeugnis über alle Völker, und dann wird das Ende kommen.“ Mit dem Ende der Erde ist das Ende aller Dinge, des Universums πάντων τὸ τέλος (1. Petr 4, 7) gekommen. Sonne, Mond und Sterne haben, einerlei welche Grösse wir Menschen ihnen im Verhältnis zur Erde zuschreiben mögen, keine selbständige Geschichte und keine selbständige Bedeutung oder Verrichtung, sondern ihre Geschichte und ihre Bedeutung oder Verrichtung ist von der Erde abhängig. Das sind gewisse, in der Heiligen Schrift gelehrte Tatsachen. Jeder Christ, und insonderheit jeder christliche Theologe, sollte allen von Menschen aufgestellten astronomischen Theorien gegenüber sich folgendes gegenwärtig halten:
a. Die Schrift irret nie, auch nicht in physischen Dingen. Sie ist allerdings „kein Lehrbuch der Naturwissenschaften“. Ihr eigentlicher Zweck ist vielmehr der, den Weg in den Himmel durch den Glauben an Christum zu lehren. 1452) Wo sie aber, wenn auch nur nebenbei, naturwissenschaftliche Dinge lehrt, so ist sie auch da unverbrüchliche Wahrheit nach Joh 10:35
b.Es gibt in der Schrift allerdings eine Anbequemung an menschliche Vorstellungen, aber nicht eine Anbequemung an irrige menschliche Vorstellungen. Wir sind nicht berechtigt, die Aussagen: „Und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden“ (Joh 10:35) und „Dein Wort ist die Wahrheit“ (Joh 17:17) dahin zu limitieren, dass hierbei „selbstverständlich“ nicht an die historichen, geographischen, naturgeschichtlichen usw. Angaben zu denken sei.
c. Wir sollten uns auch daran erinnern und von danderen Leuten daran erinnern lassen, dass unser menschliches Wissen in bezug auf die Dinge, welche in das astronomische Gebiet gehören, naturgemäss stark beschränkt ist, weil uns die Übersicht, nämlich der Standpunkt ausserhalb der Erde, fehlt. Wie der Geograph [Herrmann Adalbert] Daniel, der sich für seine Person zu den „kopernikanern“ zählt, erinnert: „Alle aufgestellten Weltsystheme beruhen nicht auf Erfahrung, welche einen Standpunkt ausser der Erde erfordern würde, sondern auf Schlussfolgerungen und Kombination. Alle sind und bleiben deshalb Hypothesen.“
d. Es ist eines Christen unwürdig, die Heilige Schrift, die er doch als Gottes eigenes Wort erkannt hat, nach menschlichen Meinungen (Hypothesen), also auch nicht nach dem sogenannten kopernikanischen Weltsystem, umzudeuten oder sich umdeuten zu lassen.
Damit antwortet der Autor offensichtlich Augustinus und seiner hermeneutischen Bibelauslegungsregel.

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