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Galilei Irrtümer

Im sehr lesenswerten und aufschlussreichen Aufsatz Wissenschaft contra Religion? Zum Fall Galilei. berichtet Richard Schröder von sieben Irrtümern in der Galilei Legende. (Aus Die Normativität des Wirklichen, Th. Buchheim, R. Schönberger, W. Schweidler (Hrsg.), Stuttgart 2002, S. 112 ff)
Irrtümer in der Galilei-Legende (

Kirche verhielt sich typisch

Behauptung:
Die Kirche habe sich im Fall Galilei typisch verhalten, denn sie habe zuvor schon das Hauptwerk des Copernicus verboten und Giordano Bruno verbrennen lassen, weil er Copenicaner war.
Tatsache ist aber, dass Giordano Bruno nicht wegen seiner Nähe zur kopernikanischen Lehre verurteilt wurde - sondern weil er die Inkarnation geleugnet hat. (Diese Fakten sind erst durch A. Mercati seit 1942 bekannt: Il Sommario del processo di Giordano Bruno)
Weiters war die kopernikanische Lehre bei der Verurteilung Galileis 1633 schon über 100 Jahre bekannt: seit 1610 verbreitete Kopernikus seinen handschriftlichen Commentariolus.
De Revolutionibus wurde mit der Unterstützung zweier Bischöfe herausgegeben. Nikolaus Schönburg, Kardinal und Bischof von Padua, hat darum gebeten, dass dieses Werk veröffentlicht werde.
Auch wurde De Revolutionibus wurde nie verboten oder aus Bibliotheken entfernt. Es wurde allerdings 1616 durch ein Dekret des Indexkongregation „suspendiert, bis es korrigiert ist“. Diese Korrektur erfolgte 1620. Die Behauptung der Erdbewegung musste mit einer entsprechenden Hypothese ersetzt werden.
Papst Urban VIII empfing Galileo 1624 sechsmal!
Der Papst erklärt, dass die Kirche die Lehre von Kopernikus weder verdammt, noch im Begriffe stünde, sie als ketzerisch zu verdammen, sondern lediglich als vermessen.
Als Galilei verurteilt wurde, kam dies für alle sehr überraschend. Daraus kann geschlossen werden, dass sie überhaupt nicht typisch für die Kirche war.

Geozentrik ein kirchliches Dogma

Behauptung:
Die Geozentrik sei ein Dogma der Kirche gewesen, deshalb habe diese die Heliozentrik von Anfang an bekämpft.
Tatsache: Die Geozentrik galt als selbstverständlich, nicht nur in der Kirche. Bis 1610 hatten nur eine handvoll Wissenschaftler die Idee von Kopernikus übernommen.

Erde eine Scheibe

Behauptung:
Im Mittelalter habe man die Erde für eine Scheibe gehalten und deshalb sei Kolumbus von den Königlichen Räten gewarnt worden, er werde von der Scheibe fallen, wenn er nach Westen segelt.
Tatsache: es gibt keinen Beleg dafür, dass man im Mittelalter die Erde für eine Scheibe gehalten hat. Der Kaiser hält einen Reichsapfel, nicht einen Reichsteller.
Offenbar beruht diese Behauptung auf zwei Fälschungen:
1) 1888 zeichnete (erfand) Camille Flamarion eine Darstellung für ein populärwissenschaftliches Buch über die Meteorologie. Das Bild ist bekannt: Die Erde als Scheibe, das Himmelsgewölbe (Firmament) darüber und der Mann, der seinen Kopf durch dieses Firmament steckt und die Himmelsmaschinerie sieht. Bis heute wird dieses Bild als »Mittelalterliches Weltbild« kopiert!
2) 1828 veröffentlicht Washington Irving das vielbeachtete Werk A history of the life and voyages of Christopher Columbus. Um Columbus höheren Ruhm zu geben, erfand er die Scheibe der Erde, die Columbus nicht geglaubt habe.
Übrigens glaubte sogar auch Goethe, dass erst kurz vor Kopernikus durchsetzte, dass die Erde eine Kugel war.

Heliozentrik abgelehnt, weil sie die Erde depontenziert

Behauptung:
Die Heliozentrik sei von der Kirche abgelehnt worden, weil sie der Erde den hervorgehobenen Ort in der Mitte der Welt nimmt, sie also depotenziert.
Einwand: Bereits Kardinal Nikolaus von Kues (1400-1446) ging von einer nicht zentralen Erde aus: Die Erde ist ein »vornehmer Stern«, weil sie sich bewegt und »es stimmt nicht, dass die Erde das Unterste und das Schlechteste ist«.
Der Cusaner denkt weder helio- noch geozentrisch, sondern theozentrisch.

Galileos Kampf gegen die falschen Auffassungen der Kirche

Behauptung:
Galilei habe bewußt den Kampf gegen falsche Auffassungen der Kirche geführt.
Galileo legte aber im Brief an Grossherzogin Christina dar, dass die Kirchenväter ausdrücklich davor warnen, gegen wissenschaftliche Beweise Bibelstellen ins Feld zu führen.

Galileos »Beweise« für die Heliozentrik

Behauptung:
Galilei habe wissenschaftlich gültige Beweise für die Heliozentrik vorgetragen.
Tatsache ist nun einmal, dass es einen solchen Beweis nicht gibt.

Und sie bewegt sich doch

Behauptung:
Galilei habe nach seiner Verurteilung gesagt: „und sie bewegt sich doch.
Dies wird heute von der Forschung bestritten.

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