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Und die Erde war wüst und leer

Einige Übersetzungen übersetzen הָיְתָה in 1. Mo 1:2 mit war, andere mit wurde, so dass der Vers entweder lautet: «Die Erde wurde wüst und leer» oder «Die Erde war wüst und leer».
http://www.martin-schweikert.de/texte/manuskripte/RevidierteElberfelder.html#SACH[Martin Schweikert] verneint die Möglichkeit, er schreibt
Die Zustandsverben haben in der Tat aber manchmal eine Nebenbedeutung, die einen Übergang bezeichnet; nur reicht diese Tatsache für ein alternatives »wurde« an unserer Stelle nicht aus, denn an etwa 98% der Vorkommen von hajah wird es mit »sein« übersetzt. Wenn also von der Hauptbedeutung abgewichen werden soll, müssen dafür Gründe vorliegen.
Solche Gründe können zum einen im Zusammenhang gesucht werden. So etwa in 1. Mo 19:26, wo es um Lots Frau geht. Ein weiteres Beispiel ist Ps 118:22. Hier kommt noch hinzu, daß vor dem hebräischen Wort für »Eckstein« eine Präposition steht, die darauf hinweist, daß nachher etwas anderes war als vorher, daß somit ein Übergang stattgefunden hat. In 1. Mo 1:2 fehlt aber jeglicher Hinweis - sowohl aus dem Zusammenhang (wie in 1. Mo 19:26) als auch aus der Grammatik (wie in Ps 118:22) - darauf, daß hyh anders übersetzt werden sollte als mit »war«.
Zum anderen kann die Verbform einen Grund liefern, von der Hauptbedeutung abzugehen: Werden aufeinanderfolgende Vorgänge beschrieben, wird dazu im Hebräischen eine sogenannte »satzfolgefortführende« Konstruktionen benutzt: jeder Satz wird begonnen mit einem waw, dem (bei Vergangenheitsbezug) das Verb im Imperfekt (»Zukunft«) folgt. Läge diese Konstruktion in 1. Mo 1:2 vor, wäre das ein Argument, um mit »wurde« zu übersetzen. Die Stelle hieße im Zusammenhang dann tatsächlich: »Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde, und die Erde wurde wüst und leer, und die Finsternis …«
In 1. Mo 1:2 liegt aber bezeichnenderweise das Gegenteil vor, nämlich eine »satzfolgeunterbrechende« Konstruktion: dem waw folgt das im Perfekt (»Vergangenheit«) stehende Verb nicht unmittelbar.
Somit könnte eine sinngemäß umschreibende Übersetzung lauten:
»Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Aber Die Erde war noch wüst und leer, und die Finsternis …«
hajah ist im Text also sehr richtig mit »war« übersetzt. Das in der Anmerkung als äquivalent angebotene »wurde« hat hier keine Berechtigung.
Diese Anmerkung soll vermutlich die sogenannte Restitutionshypothese stützen, die von dem schottischen Theologen Thomas Chalmers im frühen 19. Jahrhundert eingeführt wurde und die besagt, daß Gott ursprünglich eine vollkommene Welt erschaffen und später durch ein Gerichtshandeln wieder zerstört habe. Aus den Überresten habe er dann die jetzige Schöpfung wieder aufgebaut. Es wird also eine Lücke zwischen 1. Mo 1:1 und 1. Mo 1:2 angenommen (daher heißt die Restitutionshypothese im Englischen auch »Gap Theory«). Eine solche Ansicht ist natürlich darauf angewiesen, daß in 1. Mo 1:2 mit »wurde« übersetzt wird. Es darf aber nicht Sache einer Übersetzung sein, zweifelhafte Hypothesen durch zweifelhafte Interpretation klarer hebräischer Konstruktionen zu stützen, zumal die Restitutionshypothese exegetisch auf so schwachen Füßen steht, daß es sich nicht lohnt, detailliert darauf einzugehen. Ihre Hauptschwäche ist, daß sie die Fossilien als Überreste der Lebewesen der ersten, ursprünglichen Schöpfung sieht. Die Fossilien zeugen aber von Tod, und der kam nach eindeutigen biblischen Aussagen erst durch Adam in die Welt (Röm 5:12, 1. Kor 15:21)

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